Freiheit und Verantwortung

Die beiden Themen «Freiheit» und «Verantwortung» sind für mich sehr eng verknüpft und auf verschiedensten Ebenen und Dimensionen höchst relevant. So können wir etwa die Freiheit der künftigen Generationen auf der ganzen Welt nur sichern, wenn wir bereits heute die Verantwortung wahrnehmen und alles Mögliche für eine Abschwächung des menschgemachten Klimawandels tun. 

Doch wenn wir in kleineren Dimensionen denken, kommen auch ganz andere Themen zum Vorschein, die mir als Grüne Politikerin sehr am Herzen liegen. Zum Beispiel das Milizsystem. So bin ich fest davon überzeugt, dass ein starkes Milizsystem ein wichtiger Baustein der modernen Schweiz ist, wie wir sie kennen. Auch hier geht es um Freiheit und Verantwortung. 

Dabei ist der Ansatz «Global denken, lokal handeln» ein guter Kompass. Denn nur wenn wir globale Herausforderungen wie Klimawandel, Krieg oder Demokratie und Menschenrechte auf einen lokalen Kontext herunterbrechen, werden sie für uns als Individuen fassbarer. Dadurch überfällt uns auch weniger schnell eine Ohnmacht, wenn wir auf die schier unendlich grossen Aufgaben unserer Zeit blicken.

Doch vor welchen internationalen Herausforderungen stehen wir denn und welche lokalen Ansätze gibt es, um sich mit diesen auseinanderzusetzen? 

Klimawandel

Vor Kurzem hat der neue IPCC Bericht einmal mehr mit deutlichen Worten vor den katastrophalen Folgen des menschgemachten Klimawandels gewarnt. In diesem Kontext hat auch das deutsche Bundesverfassungsgericht vor rund einem Jahr eine Verfassungsbeschwerde gutgeheissen, die von der Deutschen Bundesregierung eine Überarbeitung des Klimagesetzes verlangt hat – dies aus dem Grund, weil die Folgen eines ungebremsten Klimawandels die Freiheiten der künftigen Generationen massgeblich einschränke. 

Ich finde dieses Urteil, auch wenn es in Deutschland und nicht der Schweiz gefällt wurde, höchst interessant und wichtig für die weltweite Klimapolitik. Und es zeigt sehr deutlich auf, dass wir kurzfristige Interessen, wie tiefe Preise für Rohstoffe und billige Energie, nicht über das langfristige Wohlergehen der Menschheit setzen dürfen. 

Nun heisst es oft, die Schweiz sei zu klein, wir seien nicht relevant. Klar, sind Länder wie die USA, China, Indien und Russland insgesamt für deutlich mehr CO2-Ausstoss verantwortlich. Doch wenn wir uns den Handelsbereinigten CO2-Ausstoss pro Kopf anschauen, liegt die Schweiz auf dem 15. Platz aller Länder und auf Platz drei im europäischen Kontext. Dies vor allem, wegen der im Ausland verursachten CO2-Emissionen, aufgrund der Importe. Wir müssen also in dieser Legislatur noch die richtigen Weichen stellen, um endlich ein konsequentes CO2-Gesetz verabschieden zu können. 

Verletzung der Menschenrechte

Nebst den Auswirkungen des Klimawandels sind auch andere Freiheiten akut gefährdet. In Kriegsgebieten, in der Ukraine, aber auch im Jemen und vielen anderen Ländern, werden die Perspektiven von ganzen Generationen zerstört und das humanitäre Völkerrecht wird mit Füssen getreten. Dazu kommt, dass in vielen anderen Regionen der Welt, wo nicht direkt Krieg herrscht, die Menschenrechte nur stark eingeschränkt zur Geltung kommen. 

All diese Herausforderungen und Bedrohungen unser aller Freiheit lassen kaum jemanden kalt. Doch sie dürfen uns nicht ohnmächtig und dadurch handlungsunfähig machen. Und, wir dürfen uns auch nicht hinter Begriffen wie «Neutralität» verstecken. Denn «Neutralität» bedeutet nicht, dass man alles Leid und jede Ungerechtigkeit ignorieren muss – vielmehr sollten wir entschieden und engagiert für unsere Ideale einstehen. Die Menschenrechte sind ein solches Ideal. Und wer diese nicht achtet, dem darf man nicht gleichgültig bei seinen Taten zusehen. 

Milizsystem

Nun, wenn wir nicht im National- oder Ständerat sitzen – was können wir tun? Ich habe bereits zu Beginn dieses Vortrags erwähnt, dass unser Milizsystem einer der wichtigsten Pfeiler unserer freiheitlichen Gesellschaft ist. Dort können wir unsere Verantwortung als Staatsbürgerin oder Staatsbürger wahrnehmen und unseren Beitrag im lokalen Kontext leisten.

Denn auch hier geht es um Freiheit und Verantwortung für uns, die wir hier in der Schweiz leben dürfen. Um die Freiheit in einer Demokratie leben zu dürfen und nicht in einer Diktatur. Der Krieg in der Ukraine, der Zustand in Russland, zeigt uns gerade auf, welche schrecklichen Folgen eine Autokratie haben kann. 

Wir müssen also dankbar sein für unsere Demokratie und wir haben die die Verantwortung, dazu Sorge zu tragen. Sie ist nämlich nicht selbstverständlich. Das heisst, wir müssen Sorge tragen zum Milizsystem. Denn die Demokratie in der Schweiz funktioniert unter anderen dank dem Milizsystem. Denn in diesem System sind viele Personen in die Politik involviert, sind viele Personen Entscheidungsträger:innen welche Verantwortung übernehmen. Bei weitem werden Entscheide nicht von einer einzelnen Person gefällt und das ist auch gut so.

Tragen wir Sorge zu diesem System, in dem jeder Schweizer und jede Schweizerin die Möglichkeit hat, neben seinem oder ihrem Beruf sich in der Wohngemeinde zu engagieren und sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Es ist also praktisch für uns alle möglich, die Verantwortung wahrzunehmen, und uns so auf lokaler Ebene für eine freie Gesellschaft einzusetzen.

Wir müssen die Verantwortung jetzt wahrnehmen, um die Weichen für eine Zukunft in Freiheit stellen zu können.

Quelle: Vortrag beim Rotary Club Zurzach-Brugg zum Thema Freiheit und Verantwortung.

Christine Badertscher