Votum zum Voranschlag 2020

Wenn die Corona-Massnahmen dazu führen, dass diese Menschen nicht mehr arbeiten können, fehlt bereits nach wenigen Tagen das Geld für Essen und Medikamente, denn eine soziale Absicherung gibt es nicht.
— Christine Badertscher

Die Corona-Krise trifft alle, aber nicht alle gleich. In den Industrieländern hat die Pandemie negative Folgen für die Wirtschaft und für einzelne Personen. Doch gerade in der Schweiz hat der Bund die Möglichkeit zu helfen. Die Sozialwerke funktionieren.
In den Entwicklungsländern ist das anders. Die Corona-Massnahmen haben auf die ohnehin unstabile Wirtschaft verheerende Auswirkungen. Fast zwei Drittel der Weltbevölkerung arbeiten im informellen Sektor, in Subsahara-Afrika sind es über achtzig Prozent. Die meisten dieser Menschen leben von der Hand in den Mund. Wenn die Corona-Massnahmen dazu führen, dass diese Menschen nicht mehr arbeiten können, fehlt bereits nach wenigen Tagen das Geld für Essen und Medikamente, denn eine soziale Absicherung gibt es nicht.
Zudem wird die weltweite Rezession die Entwicklungsländer noch härter treffen als uns. Der Tourismus ist in vielen Entwicklungsländern eine wichtige Einkommensquelle. Diese fällt nun komplett weg. Ferner sind sie mit einer verstärkten Kapitalflucht konfrontiert; ich wage zu behaupten, auch in die Schweiz.
Die Gefahr ist gross, dass die Entwicklungsländer in ihrem Fortschritt um Jahre zurückgeworfen werden. Die Zahl der extrem Armen wird erstmals seit zwanzig Jahren wieder ansteigen. Diese negativen Auswirkungen sind ein grosses Risiko für politische Unruhe, Flucht und Migration. Viele Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage und werden gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen. Die Schweiz als eines der stabilsten und - Kollege Guggisberg möge mir verzeihen - reichsten Länder der Welt steht in der Verantwortung!
Nun wird es von vielen Seiten heissen, die Hilfe für das Ausland habe keine Priorität, die Schweiz brauche jetzt das Geld im eigenen Land. Doch wir sehen es genau umgekehrt: Gerade wegen der Corona-Krise muss sich die Schweiz nun auch international engagieren. Es ist eine Pflicht, die Menschen in den Entwicklungsländern und somit auch die globale wirtschaftliche Stabilität zu unterstützen, und zwar nicht einfach aus netter Solidarität, sondern aus Eigeninteresse der Schweiz.
Die Corona-Krise ruft uns in Erinnerung, dass das, was in weiter Ferne passiert, oft direkte Auswirkungen auf unser Leben hat. Wir sind also von funktionierenden Gesundheitssystemen in anderen Ländern abhängig und haben deshalb ein grosses Interesse daran, dass das Virus auch anderswo bekämpft wird.
Gerade die Schweiz mit ihrer stark globalisierten Wirtschaft ist auf eine stabile und sichere Welt angewiesen. Jeder zweite Franken wird, wir hören es immer wieder, im Ausland verdient. Wir sind dem Bundesrat dankbar, dass er schnell gehandelt hat, das dringend notwendige Geld beantragt hat und auch bereits Massnahmen umgesetzt hat. Doch es braucht nun auch zusätzliche Mittel, damit die Schweiz einen angemessenen Beitrag leisten kann.
Die Details werde ich in der Debatte zu Block 1 erläutern.

Spezifikationen zu den Zusatzkrediten

Vielen Dank für Ihre Zustimmung zu den Krediten - damit setzen wir alle ein Zeichen dafür, dass die Schweiz ein Teil der Welt ist und ihre Verantwortung wahrnimmt.
— Christine Badertscher

Zuerst zum Nachtragskredit aus dem UVEK. Hier geht es um den Ausbau der indirekten Presseförderung. Der Bundesrat beantragt, 17,5 Millionen Franken zu investieren. Dieser Betrag wird von der Minderheit Strupler bekämpft, deshalb stimmen wir heute darüber ab.
Aufgrund der verheerenden Auswirkungen der Corona-Krise auf die Medien finden wir von der grünen Fraktion, dass diese Unterstützung angebracht ist. Eine vielfältige Medienlandschaft gewährleistet, dass unterschiedliche Meinungen thematisiert werden. Sie ist deshalb für die Demokratie zentral. Trotz dieser Wichtigkeit standen die Medien bereits vor der Krise unter grossem Druck. Der Strukturwandel schreitet unbarmherzig voran. Die Unterstützung, über die wir heute abstimmen, kann nicht alle Probleme lösen, sie ist aber ein wichtiges Zeichen für die Medien.
Nun zu den Krediten des EDA und des EFD: Wie in der allgemeinen Aussprache erwähnt, wäre es fatal, ausgerechnet jetzt zu sagen, die Schweiz hätte nun kein Geld mehr für die internationale Zusammenarbeit. Das sieht auch der Bundesrat so. Er beantragt, im Nachtrag IIa Folgendes zu genehmigen: ein Darlehen von 200 Millionen Franken an das IKRK, den Betrag von 25 Millionen Franken an den IWF-Katastrophenfonds sowie zwei Nachtragskredite, davon 50,5 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe und 57 Millionen Franken für die multilateralen Organisationen. Damit folgt der Bundesrat dem blauen Appell der UNO und dem roten Appell der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, welche Ende März zu finanzieller Unterstützung aufgerufen haben.
In der ausserordentlichen Session haben wir eine Motion der Aussenpolitischen Kommission angenommen, welche einen Betrag von 100 Millionen Franken für die humanitäre Hilfe vorsehen will. Die Motion ist noch nicht definitiv verabschiedet. Der Ständerat wird in dieser Session darüber abstimmen. Deshalb können wir noch nicht von einer Nichterfüllung der Motion sprechen. Trotzdem werden wir die Minderheit II (Friedl Claudia) unterstützen, welche den Betrag für die humanitäre Hilfe um 49,5 Millionen Franken erhöhen will, auf total 100 Millionen Franken.
Denn der Bedarf im Bereich humanitäre Hilfe ist riesig, zum Beispiel für die Ernährungssicherheit. In vielen Teilen der Welt werden Lebensmittel aufgrund der Corona-Krise teurer. Das ist problematisch für importabhängige Entwicklungsländer, wo die Haushalte einen Grossteil ihres Budgets für Grundnahrungsmittel ausgeben. Auch die Gesundheitssysteme müssen unterstützt werden sowie Massnahmen, damit die Hygieneregeln eingehalten werden können.
Denn anders als bei uns fehlt es vielerorts an sanitären Einrichtungen und an genügend sauberem Wasser. Die Schweiz hat mit ihrer Soforthilfe bereits zahlreiche Ernährungssicherheits- und Gesundheitsprogramme unterstützt, weitere müssen aber folgen. Die Schweiz hilft in den Ländern, wo sie ohnehin präsent ist. So kann die Hilfe gezielt und schnell erfolgen.
Wir werden also die Minderheit II (Friedl) unterstützen und alle Minderheiten Guggisberg sowie die Minderheit Nicolet ablehnen.
Vielen Dank für Ihre Zustimmung zu den Krediten - damit setzen wir alle ein Zeichen dafür, dass die Schweiz ein Teil der Welt ist und ihre Verantwortung wahrnimmt. Eine Pandemie ist erst dann vorbei, wenn sie überall vorbei ist. Für einmal kann es uns definitiv nicht egal sein, wie es den Menschen in anderen Teilen der Welt geht. Deshalb braucht es internationale Kooperation und Solidarität. Das ist kein Luxus, sondern eine notwendige Investition in die Zukunft.

Christine Badertscher